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„PROBLEME“ GIBT ES NICHT: WIE SIE DEM UNWORT ENTGEHEN

„Wir haben ein Problem“, sagt der Projektmanager und schaut mit gerunzelter Stirn in die Runde. „Die Präsentation für den Kunden wird niemals rechtzeitig fertig.“

Da freut sich Evoleo, da gibt es was zu tun! Wir erlauben uns, mal ein bisschen vorzugreifen, und erklären „Problem“ hiermit schon jetzt zum Unwort des Jahres 2016. Warum?

Weil alleine schon das Wort „Problem“ uns Menschen das Leben schwer macht.

Das Problem-Monster schlägt zu

Verstehen Sie mich bitte richtig, das wird kein Schönrede-Blog, der sich „Friede, Freude, Eierkuchen“ für jedes Unternehmen wünscht. Reibereien gibt es natürlich überall. Aber wie wäre es denn, wenn Sie sie anders nennen würden und somit anders abhandeln könnten?

„Problem“ ist in unserer Kultur ein viel zu häufig benutztes Wort. Es impliziert ein massives Defizit, ein Monstrum, das Sie nicht zähmen können – oder in dessen Nähe Sie sich gar nicht erst wagen. Seine Leibspeise: Ihre Energie, mit der Sie es mit Vorliebe füttern. Und was machen Menschen mit so einem Problem-Ungetüm? Ganz klar, sie schieben es weg, weil es sich unangenehm anfühlt.

Probieren Sie mal folgendes kleine Experiment: Nehmen Sie sich einen Moment Zeit, stellen Sie sich hin und sprechen Sie laut aus: „Ich habe ein Problem mit der Steuer. Ich habe ein Problem mit meinem Mitarbeiter. Ich habe ein Problem mit …“ Spüren Sie diese Schwere? Auf dem Wort Problem liegt eine bedeutungsschwere Bewertung.

Die Sichtweise macht’s

Und dann probieren Sie es andersherum: In dem Moment, in dem Sie ein Thema nicht mehr als DAS riesige und unüberwindbare Problem sehen, wird Ihnen klar: Es besteht aus vielen kleinen Umständen, mit denen Sie umgehen müssen.

Die Präsentation verzögert sich, weil der Account Manager sie zu spät in Auftrag gegeben hat, der Marketingleiter sie unpassend delegiert hat und Ihnen die Informationen aus der Produktion noch nicht vorliegen.

Nun geht es nicht darum, eine Rechtfertigung zu finden oder jemandem die Schuld für die liegengebliebene Präsentation zuzuschieben. Damit würden Sie sich direkt ins niedere Drama und die drei Rollen von Opfer, Retter und Täter begeben – das „arme“ Opfer, das auf Unverständis stößt dafür, dass es die Präsentation leider nicht rechtzeitig liefern kann, der „böse“ Täter der das Opfer rügt, und der Retter, der verständnisvolle Kollege, der versucht, alle Wogen wieder glattzubügeln. Das ist nachvollziehbar und menschlich, hilft letztlich aber niemandem. Daraus entsteht nur ein weiterer Energiefresser.

Worauf ich hinaus will, ist: Ihr „Problem“ besteht eben aus vielen kleinen Umständen – und die können Sie und Ihre Mitarbeiter anpacken. Denn große, unbezwingbare Problem-Ungetüme sind die Umstände nicht.

Kleine Umstände lösen

Anstatt einen Schuldigen zu suchen, ermöglicht die Erkenntnis der Umstände, dass jeder einzelne Beteiligte verantwortlich handeln kann. Denn anstatt nur das riesige „Problem“ zu sehen, kann jeder kleine Umstand geprüft werden: Was können Sie zu seiner Lösung beitragen? Was braucht es, damit Sie das Material für die Präsentation bekommen? Welche Informationen fehlen der Produktion, damit sie ihren Teil fertigstellen kann?

Diese Betrachtung der einzelnen Umstände ermöglicht Ihnen, gewinnbringend mit den anderen Beteiligten zu kommunizieren und verantwortlich eine Lösung zu finden.

Und dieses Vorgehen funktioniert für alle „Probleme“. Wenn der Geschäftsführer Ihnen z.B. noch eine zusätzliche Aufgabe übergibt, Sie jedoch schon völlig überlastet sind – klar, dann können Sie den drängenden Geschäftsführer als Problem sehen, über ihn schimpfen und mit der Aussage „Mein Chef ist ein Vollpfosten“ die Verantwortung abschieben. Oder Sie nehmen die Verantwortung an und kommunizieren die Umstände: „Tut mir leid, ich habe gerade schon so viel zu tun. Ich möchte meine Arbeit mit der gleichen Qualität weiterführen, deshalb kann ich keine weitere Aufgabe annehmen. Wir brauchen dafür eine andere Lösung.“

Ein Unternehmen, in dem Mitarbeiter sowie Führungskräfte motiviert werden, Verantwortung zu übernehmen und zu kommunizieren, gewinnt persönlich wie wirtschaftlich. Verantwortlich handelnde Menschen erleben ihre eigene Kraft wieder, denn sie stehen nicht länger ohnmächtig – sprich: ohne Macht – einem überwältigenden „Problem“ gegenüber. Sie haben es in kleine Portionen zerlegt, haben Verantwortung für einzelne Schritte übernommen, sind diese aktiv angegangen und haben somit etwas bewirkt – die Aufgabe ist bewältigt. So erhalten sie sich die Freude an der Arbeit. Das gibt ihnen doppelt so viel Energie, wie jedes verflixte „Problem“ je fressen könnte.

Gerlinde Fink
gerlinde.fink@evoleo.de
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